Jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt, auch ein Pilgerweg.
Jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt, auch ein Pilgerweg.
100 000 Schritte sind 16 Frauen auf einer Etappe alter, in den vergangenen Jahren wiederentdeckter Pfade des Jakobsweges gepilgert, die von Hamburg durch die Lüneburger Heide nach Loccum führen. Die Frauen hatten sich Zeit genommen, in gegenseitiger Achtung und füreinander Dasein die tägliche Strecke von 15 bis 20 Kilometer Strecke mit dem Rucksack auf dem Rücken im Rahmen einer geistlichen Struktur zu gehen.
Jeder Tag beginnt mit einer Morgenandacht vor dem Aufbruch, unterwegs gibt es einen Impuls zur Schweigezeit, es folgen Mittagsgebet und Austausch über einen kurzen Bibeltext und zum Tagesabschluss das Abendgebet.
„Freuen soll sich mein Herz. Aus den Tiefen heraus werde ich lachen.“, was für ein Tagesbeginn! Das tägliche Abendmahl nährt Geist, Seele und den Leib und das Singen der Worte „Ich habe Freude in meinem Herzen, jede Stunde, jeden Tag“ beschwingt die Pilgerinnen auf ihrem Weg durch die sommerliche Heidelandschaft.
Ja, es geht um das Genießen von Lebenslust und nicht vorrangig um Buße, wie einst beim Pilgern in historischen Zeiten. Und es geht auch darum, sich selbst in dieser Welt die Freude am Schönen zu erlauben. Bewegende Gespräche auch beim Unterwegssein zeugen von Mut und Vertrauen, sich mitzuteilen. Lachen hat seine Zeit und Weinen hat seine Zeit und alles gehört zum Leben dazu.
Angeführt wurde der Pilgerzug stets von einer der Frauen, die das liebevoll mit Wiesenblumen, Blättern und Gräsern geschmückte Pilgerkreuz trug und sogar selbst erleben konnte, wie man sich auch am Kreuz festhalten kann.
In diesem Sommer fand dies alles auf dem Teilstück des Jakobsweges von Hermannsburg nach Winsen an der Aller statt. Zur Vorbereitung hatten sich Iris Hocke und Cornelia Großkurth, beide aus Waldkappel, gemeinsam über Monate ausgetauscht, zusammengesetzt und auch diesen Weg selbst erkundet. So legten sie die Tagesetappen fest und fanden passende Quartiere in Gasthäusern, die auch die Versorgung mit Frühstück und Proviant bereitstellten.
Durch die herzliche Aufnahme, auch in Zeiten von Corona, wurde immer wieder deutlich, wie groß die Bereitschaft ist, die Pilgerinnen auf ihrem Weg zu unterstützen durch leckere Speisen, freundliche Zimmer und sogar durch das Besorgen von verlorenen oder vergessenen Gegenständen.
Auch Kontakte zu den Kirchengemeinden entlang des Weges hatten Iris Hocke und Cornelia Großkurth hergestellt, sodass offene Kirchen und Gemeindehäuser die Pilgerinnen zum Beten und Ausruhen einluden. Wer hätte sonst gewagt, auf einer Kirchenbank oder im Altarraum ein Mittagsschläfchen zu machen?
So haben die beiden Verantwortlichen für das Frauenpilgern wie bereits in den letzten 10 Jahren den Pilgerinnen wieder ein unvergessliches Erlebnis ermöglicht, loszulassen, zu sich zu kommen und gestärkt zu werden für ein frohes Weitergehen im Alltag.
Weitere Informationen sind im Jahresprogramms des Klosters Germerode zu finden.
Foto: Die verantwortlichen Organisatorinnen Iris Hocke (li) und Cornelia Großkurth (re) freuen sich auf die letzte Wegstrecke mit ihrer Pilgerinnengruppe.